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LanduseInformer ist ein Synthese-Modell zur Abschätzung der Effekte von agrarwirtschaftlicher Landnutzung auf Nicht-Zielorganismen. Mit dem Tool kann die ökologische Wirkung verschiedener Maßnahmen zur Effektminderung miteinander verglichen werden. Die Modellannahmen des LanduseInformer basieren auf verschiedenen Literatur-und Freilandstudien.
Konzeptionelle Modellbeschreibung – Teilmodell Fließgewässer
Das Modell LanduseInformer synthetisiert Resultate aus diversen Feldstudien und Literaturauswertungen. Für das Teilmodell zu Fließgewässern werden Parameter berücksichtigt, die einen Einfluss auf die Exposition von Fließgewässern mit Pflanzenschutzmitteln (PSM) und die PSM-Wirkung auf Makroinvertebraten (z. Bsp. Randstreifen oder Refugien) haben. Ein Überblick über das Modellkonzept wird in Abbildung 1 gegeben. Zur Wirkbewertung wird der Eigenschafts-basierte Bioindikator SPEAR verwendet, der spezifischen Umweltstress mit dem Auftreten bestimmter Art-Eigenschaften in aquatischen Invertebratengemeinschaften verbindet. SPEAR wurde von Liess und von der Ohe (2005) entwickelt, um anhand der Makroinvertebraten die PSM-Exposition von Fließgewässern (z. Bsp. aus der Landwirtschaft) und deren Effekte auf die Gemeinschaften zu ermitteln. In verschiedenen Freilandstudien in Deutschland (z. Bsp. Liess und von der Ohe 2005, Orlinskiy et al. 2015, Münze et al. 2015) und weltweit (Schäfer et al. 2012) konnte SPEAR für die Erfassung von PSM-Effekten erfolgreich eingesetzt werden.
Für die Darstellung im LanduseInformer wird der SPEAR-Indikator in fünf Klassen eingeteilt, die einem ökologischen Zustand der Gemeinschaft von sehr gut (grün), gut (blau), mäßig (gelb), unbefriedigend (orange) bis schlecht (rot) entsprechen. Diese Einteilung wurde für SPEAR von Beketov et al. (2009) beschrieben und ist angelehnt an die Definition des ökologischen Zustands nach der Wasserrahmenrichtlinie.
+ HintergrundRandstreifen
Randstreifen sind ein wichtiges Landschaftselement, um den Eintrag von PSM in angrenzende Gewässer zu reduzieren. Neben der Randstreifenbreite haben weitere Faktoren, wie zum Beispiel Hangneigung, Boden oder Vegetation einen großen Einfluss auf die Funktion von Randstreifen. Deswegen können vom Nutzer neben der Breite auch verschiedene Reduktionseffizienzen ausgewählt werden.
+ HintergrundDaten zu der Reduktionseffizienz von Randstreifen basieren auf dem Literatur-Review von Reichenberger et al. (2007). Die Autoren untersuchten 180 Studien zu Randstreifen und deren Effizienz zur Eintragsverminderung von PSM-Wirkstoffen in angrenzende Habitate. Für das Modell LanduseInformer wurden jeweils Daten zur Rückhalteeffizienz bei einer Randstreifen-Breite von 5, 10 und 20 m entnommen. Aufgrund verschiedener Einflussfaktoren für das Rückhaltevermögen von Randstreifen wurde pro Breite die minimale, mittlere und maximale Effizienz nach Reichenberger et al. (2007) mit in das Modell integriert.
Für das Modell wird angenommen, dass die angegebene Randstreifenbreite und Effizienz für den gesamten Flussabschnitt von 1,5 km oberhalb der generischen Messstelle gilt. Im Freiland sind die Randstreifen bezüglich der Breite und Effizienz zwar oftmals sehr heterogen, aber es wird angenommen, dass das Fehlen von Randstreifen oder der schlechteste Randstreifenabschnitt im 1,5 km-Korridor die PSM-Exposition und Effekte an der generischen Messstelle maßgeblich beeinflusst.
Refugien
Unbelastete Gewässerabschnitte mit einer Länge von mehreren 100 m stellen Refugien für PSM-sensitive Arten dar und können so den Effekt von PSM auf aquatische Makroinvertebraten-gemeinschaften reduzieren.
+ HintergrundQuantitative Daten zu der Wirkung von Refugien wurden ebenfalls aus der Untersuchung von Orlinskiy et al. (2015) extrahiert. Orlinskiy und Kollegen bewerteten bewaldete Abschnitte oberhalb der Probestellen mit einer Breite von mindestens 100 m und einer Länge von mindestens 200 m als Refugien. Wie in der Abbildung 2 gezeigt wird, haben Refugien eine deutlich effektmindernde Wirkung auf Makroinvertebraten im Vergleich zu Gemeinschaften ohne Refugien.
Regulatorische Maßnahmen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, über regulatorische Maßnahmen den generellen Einsatz von PSM zu reduzieren oder den Einsatz umweltverträglicher PSM zu fördern. Im LanduseInformer können die Wirkungen verschiedener regulatorischer Reduktionsziele modelliert werden, wie zum Beispiel die Gesamtreduktion des PSM-Einsatz um 30 oder 50%.
+ HintergrundDie Reduktion der Anwendung von PSM und der dazugehörigen Risiken für Mensch und Umwelt werden unter anderem in der EU-Pestizidrahmen-Richtlinie 2009/128 gefordert. Auf Basis dieser Richtlinie wurde in Deutschland auch der „Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln“ (NAP) erstellt, der eine Reduktion der Risiken durch PSM um 30% bis 2023 vorsieht. Zu den möglichen regulatorischen Maßnahmen zur Reduktion von Anwendung und Risiko zählen zum Beispiel die Grundsätze des Integrierten Pflanzenschutzes oder der Vorschlag einer nationalen PSM-Abgabe (Möckel et al. 2015), welche ökonomische Lenkungsanreize bewirken und die Anwendung von PSM je nach Risiko eingrenzen kann. Zusätzlich könnten bei der Mittelverwendung einer solchen Abgabe auch Schutzmaßnahmen wie Randstreifen oder Refugien finanziert werden (Möckel et al. 2015).
Referenzen
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Fotos von André Künzelmann & Matthias Liess, UFZ